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Donnerstag, 18. November 2010
Eine Audienz kommt selten allein
priskamaria, 14:04h
Die letzten Wochen waren von noch häufigeren Behördengängen, unzähligen Telefonaten und ja, Audienzen geprägt.
Vorletzte Woche rief mich mein Prof aus Deutschland an, ob ich nicht zum Mogho Naaba gehen könnte. Von ihm haben wir das Grundstück für unsere Klinik geschenkt bekommen und er sollte den Termin für die Grundsteinlegung festlegen.
Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr wisst, wer das überhaupt ist...
Die vorherrschende Ethnie in Burkina Faso sind die Mossi. 50% der Bevölkerung gehören ihnen an und das Hauptsiedlungsgebiert ist in der Region um Ouagadougou. Die Mossi sind ein Kriegervolk, das im 11. Jahrhundert von Osten her in das heutige Gebiet eingedrungen sind. Ursprünglich gab es mehrere Staaten, die sich bis zur Kolonialzeit erhalten haben. Der Mogho Naaba ist auch heute noch ihr Herrscher und König, auch wenn seine Aufgaben heutzutage hauptsächlich repräsentativ sind. Er hat keinen Einfluss auf die Politik. Dafür umso mehr auf die Menschen.
Er lebt in einem recht schlichten Palast hier in Ouaga. Hinter dem Palastgebäude stehen mehrere Hütten, wo seine 40 bis 60 Frauen leben. Es gibt wohl sogar Eunuchen, die den Harem bewachen. Zu Gesicht bekommt man die Frauen nicht. Sie leben unter sehr archaischen Bedingungen ohne Strom und fließend Wasser. Viele von euch fragen sich jetzt wahrscheinlich, wie man in der heutigen Zeit überhaupt so viele Frauen dazu bringen konnte so zu leben. Naja, ihre tägliche Versorgung ist ihnen sicher und sie müssen sich über die Zukunft ihrer Kinder nicht sorgen. Damit haben sie schon vieles, was sich die meisten hier wünschen.
Die Struktur des Hofes fand ich sehr interessant. Die Söhne wachsen nicht am Hof, sondern in Pflegefamilien auf. Sie wissen auch nicht, dass sie die Kinder das Mogho Naaba sind, sondern gehen ganz normal zur Schule und wachsen mit Normalsterblichen auf.
Wenn dann der alte Mogho Naaba stirbt, ruft man die Söhne zusammen, welche sich verschiedenen Prüfungen unterziehen müssen. Der Sohn, der vom Rat als der beste ausgewählt wird, wird der nächste Mogho Naaba. Der zurzeit regierende Mogho war schon Mitte 30 als er zum König ernannt wurde und es war für ihn wohl keine leichte Zeit. Er musste sein ganzes vorheriges Leben aufgeben. Eine Wahl hatte er nicht.
Auf jeden Fall schickte mich mein Prof in den Palast. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich längere Zeit ausharren muss, bis ich eine Audienz bekäme, aber dem war nicht so.
Vom Palastwächter wurde ich in den Thronsaal geführt und es kam sofort ein kleiner Junge, der mir Wasser gebacht hat.
Es saßen ziemlich viele Männer einfach so da rum und mir ist deren Bedeutung bis heute nicht klar. Um den Thron rum saßen vier Jungs, die so zwischen 10 und 17 waren. Sie haben auf einmal angefangen zu schnipsen und dann sind alle aufgestanden, weil der König eingetreten ist.
Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich und hat immer ein ganz verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Wie ich später rausgefunden habe, ist er Mitte 50.
Er hat mich freudig gegrüßt und sich dann über einen Bediensteten sagen lassen, was mein Anliegen sei. Wenn viele Leute im Raum sind, spricht er nie jemanden direkt an.
Er meinte dann er würde es sich mit dem Termin überlegen und es mich über einen Bediensteten wissen lassen.
Gut dachte ich, das wäre erledigt. Ich hatte absolut nicht damit gerechnet, was dann kam.
Abends als ich im Krankenhaus war, kam ein Anruf von einer unbekannten Nummer. Ich habe abgenommen und dann war es doch tatsächlich der Mogho Naaba selbst. Er hat mich gefragt, ob ich am nächsten Tag, so gegen 11 Uhr nochmal kommen könne.
Ganz davon abgesehen, dass man da sowieso nicht nein sagen kann, habe ich natürlich zugesagt.
Ich war am nächsten Vormittag mit einer Freundin verabredet, die das ganz toll fand. Da wir sowieso zusammen unterwegs waren, ist sie mitgefahren.
Ich hatte eigentlich gedacht er würde mir eben den Termin sagen. Weit gefehlt. Er wollte mich nur für den nächsten Abend zu einer Soirée einladen.
Es stellte sich dann als ein Ehemaligentreffen mit all seinen alten Freunden aus dem College heraus. Außer den Ehemaligen waren es nur Silvie und ich.
Im Thronsaal waren zwei lange Tafeln aufgebaut und am Saalende ein kleiner Tisch, an dem er essen würde. Er hat mich eingeladen neben ihm zu sitzen. Diese Ehre hatte ich echt nicht erwartet. Wir haben dann nett geplaudert und nebenbei den Termin abgemacht. Das Essen war vorzüglich. Es gab sogar Champagner.
Der Mogho Naaba selbst hat vor kurzem ein Gedichtband herausgebracht und man konnte es an diesem Abend kaufen. Ich hatte nicht genug Geld dabei und hatte im ersten Moment auch gar nicht das Interesse es einen Band zu kaufen. Als er mir dann aber eine handsignierte Ausgabe geschenkt hat, habe ich mich wirklich sehr gefreut. Zum Abschluss sind wir noch in sein kleines Museum gegangen.
Er war vor seiner Krönung begeisterter Fußballer und Sportler. Seit seiner Ernennung darf er das nicht mehr machen und jetzt hat er sich eben ein Fußballmuseum eingerichtet.
Inzwischen sind noch einige Wochen vergangen und ich war schon fünfmal dort. Er ist immer hocherfreut und begrüßt mich ganz überschwänglich. Der Hofphotograf hat jedesmal ganz viele Photos gemacht, die er mir abgezogen und geschenkt hat.
Die Grundsteinlegung verlief dann aber leider ganz anders als geplant.
Als ich im August kam hat mir niemand gesagt was genau ich machen musste und ich dachte immer wir hätten schon eine Baugenehmigung. Naja, zwei Tage vor der Grundsteinlegung wurde klar, dass die Akte, wegen welcher ich ständig auf das Ministerium gelaufen bin, eben nicht für die Baugenehmigung war, sondern nur für die Anerkennung als NGO.
Ich bin dabei die Formulare auszufüllen, alle Kopien zusammenzusuchen etc.
Bis zum Baubeginn kann es sich also nur noch um Monate handeln.
Mein Praktikum im Krankenhaus ist auch vorbei. Am Mittwochmorgen war ich mit Karin nochmal dort. Wir haben zwei Kuchen gebacken und uns von allen verabschiedet. Der Kuchen kam echt gut an. Das ist hier etwas sehr Ungewöhnliches.
Nächste Woche will ich mit Karin nach Mali fahren. Sie wird dann danach nach Bamako weiterreisen. Von dort gibt es eine Zugverbindung nach Dakar. Der Zug fährt insgesamt 42 Stunden. Ich bin mal gespannt, was sie dann alles erzählt. Sie fliegt dann von dort in die Schweiz zurück. Es ist wirklich schade, dass sie schon abreisen muss. Wir haben hier eine tolle Zeit miteinander verbacht.
Ich fahre gar nicht erst mit nach Bamako, sondern fahre vom Nigerbinnendelta, welches wir anschauen möchten direkt zurück nach Ouaga. Es gibt ein richtig gut funktionierendes Bussytem und man kann für wenig Geld bequem reisen.
Nach der kurzen Reise beginne ich dann mein zweites Praktikum in einem medizinischen Zentrum hier um die Ecke. Ich werde dort vier Wochen, bis Weihnachten arbeiten und bin schon sehr gespannt wie das wird. Im Kreißsaal arbeiten dort nur Hebammen und keine Ärzte.
Ihr verflucht inzwischen wahrscheinlich den Herbst und die Kälte, aber ich kann euch gar nicht beschreiben wie sehr es mir fehlt. Wenn ich im Internet die ganzen Herbstbilder anschaue und an neblige Morgen denke, dann wird mir das Herz echt schwer. Ganz zu schweigen von Plätzchen, Glühwein und Christstollen... hhm. Gibt´s hier alles nicht.
Ich bin mal gespannt wie Weihnachten hier wird. Naja, bestimmt urprünglicher also unsere Winterweihnacht. In Isreal ist es schließlich auch nicht so kalt!
Am Samstag war ich gleich auf zwei Trauerfeiern. Man darf sich das aber nicht so vorstellen, wie bei uns. Es gibt eine Beerdigung, die wohl im Allgemeinen so abläuft wie bei uns und dann gibt es eine Trauerfeier. Die ist gar nicht wie bei uns, sondern wie ein Straßenfest. Die Trauerfeiern kosten hier immer ein Vermögen. Es wird ein Zelt auf der Straße aufgebaut und es gibt Unmengen zu essen und zu trinken. Alle kommen, Nachbarn, Freunde und natürlich die Familie. Und die ist hier bekanntlich sehr groß. Die Familie des Verstorbenen bestimmt einige Tage vor der Feier einen Stoff und fast alle Gäste lassen sich dann aus diesem Stoff Kleider schneidern. Alle sind dann in den gleichen Stoff gehüllt und haben doch alle was anderes an.
Als Geschenk gibt man der Familie ein bisschen Geld. Ich bin mir aber sicher, dass damit nicht einmal ein Bruchteil des Betrages abgedeckt wird.
Jeder der kommt muss etwas essen und trinken. Da ich gar nicht wusste, dass eine Trauerfeier sein würde, habe ich kurz vorher noch zu Mittag gegessen. Nach der zweiten Feier und somit dem dritten Mittagessen war ich echt extrem satt. Ich konnte keinen Reis mehr sehen.
Es gibt dann oft auch eine Art Band, die aber im heutigen Fall den ganzen Tag den gleichen Rhythmus gespielt hat, wozu ein Mann irgendwelche Litaneien ins Mikrofon gesungen hat. Wenn die heute Abend keine Handgelenksschmerzen vom immer gleichen Trommelschlag haben, dann versteh ich die Welt nicht mehr. Viele Leute haben getanzt und im Allgemeinen erinnerte es, wie gesagt eher an eine große Party.
Naja, das Leben geht eben weiter und das soll ja auch gefeiert werden.
Da der Tod hier viel allgegenwärtier ist als bei uns, gehört er einfach zum Leben dazu. Bei uns wird man nur auf den wenigen Beerdigungen damit konfrontiert und die Verstorbenen sind meistens schon alt. Hier sterben auch sehr sehr viele Kinder und Jugendliche. Die Kleinen an echten Tropenkrankheiten oder Durchfall, die älteren meist in Verkehrsunfällen. Vor Kurzem habe ich gehört, dass das zu den schlimmsten Tropenkrankheiten zählt und bei den zunehmenden Verkehrsaufkommen auch auf dem Vormarsch ist.
Ich bin mir sicher, dass eine Helmpflicht hier jedes Jahr hunderte von Menschenleben retten könnte. Aber das hat die Regierung schon versucht und ist wohl kläglich gescheitert. Eine Strafe bringt eben nichts, wenn man den Polizisten mit der Hälfte schmieren kann.
So wenig wie die Leute hier verdienen und bei der großen Anzahl hungernder Menschen kann man es den Polizisten kaum noch verübeln.
Es hat schon seit Wochen nicht geregnet und es wird wohl auch noch bis Mai dauern, bis der Regen wieder kommt. Durch die Trockenheit gibt es jetzt unglaublich viel Staub. Abends, wenn ich heimkomme denke ich immer ich hätte an dem Tag ganz viel Farbe bekommen, bis die Dusche mich vom Gegenteil überzeugt.
Es gibt aber zum Glück die öffentlich Putzkolonne. Unzählige Frauen ziehen jeden Morgen durch dir Stadt und fegen alle Straßen und Gehwege. Das führt dazu, dass jeden Morgen aller Müll, der so den Tag über liegen bleibt wegkommt und außerdem, dass die Teerstraßen ein bißchen weniger stauben.
Ouaga ist sowieso recht sauber.
So mit dieser schönen Nachricht will ich enden und sende euch allen ganz liebe Grüße.
Seid umarmt...
Vorletzte Woche rief mich mein Prof aus Deutschland an, ob ich nicht zum Mogho Naaba gehen könnte. Von ihm haben wir das Grundstück für unsere Klinik geschenkt bekommen und er sollte den Termin für die Grundsteinlegung festlegen.
Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr wisst, wer das überhaupt ist...
Die vorherrschende Ethnie in Burkina Faso sind die Mossi. 50% der Bevölkerung gehören ihnen an und das Hauptsiedlungsgebiert ist in der Region um Ouagadougou. Die Mossi sind ein Kriegervolk, das im 11. Jahrhundert von Osten her in das heutige Gebiet eingedrungen sind. Ursprünglich gab es mehrere Staaten, die sich bis zur Kolonialzeit erhalten haben. Der Mogho Naaba ist auch heute noch ihr Herrscher und König, auch wenn seine Aufgaben heutzutage hauptsächlich repräsentativ sind. Er hat keinen Einfluss auf die Politik. Dafür umso mehr auf die Menschen.
Er lebt in einem recht schlichten Palast hier in Ouaga. Hinter dem Palastgebäude stehen mehrere Hütten, wo seine 40 bis 60 Frauen leben. Es gibt wohl sogar Eunuchen, die den Harem bewachen. Zu Gesicht bekommt man die Frauen nicht. Sie leben unter sehr archaischen Bedingungen ohne Strom und fließend Wasser. Viele von euch fragen sich jetzt wahrscheinlich, wie man in der heutigen Zeit überhaupt so viele Frauen dazu bringen konnte so zu leben. Naja, ihre tägliche Versorgung ist ihnen sicher und sie müssen sich über die Zukunft ihrer Kinder nicht sorgen. Damit haben sie schon vieles, was sich die meisten hier wünschen.
Die Struktur des Hofes fand ich sehr interessant. Die Söhne wachsen nicht am Hof, sondern in Pflegefamilien auf. Sie wissen auch nicht, dass sie die Kinder das Mogho Naaba sind, sondern gehen ganz normal zur Schule und wachsen mit Normalsterblichen auf.
Wenn dann der alte Mogho Naaba stirbt, ruft man die Söhne zusammen, welche sich verschiedenen Prüfungen unterziehen müssen. Der Sohn, der vom Rat als der beste ausgewählt wird, wird der nächste Mogho Naaba. Der zurzeit regierende Mogho war schon Mitte 30 als er zum König ernannt wurde und es war für ihn wohl keine leichte Zeit. Er musste sein ganzes vorheriges Leben aufgeben. Eine Wahl hatte er nicht.
Auf jeden Fall schickte mich mein Prof in den Palast. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich längere Zeit ausharren muss, bis ich eine Audienz bekäme, aber dem war nicht so.
Vom Palastwächter wurde ich in den Thronsaal geführt und es kam sofort ein kleiner Junge, der mir Wasser gebacht hat.
Es saßen ziemlich viele Männer einfach so da rum und mir ist deren Bedeutung bis heute nicht klar. Um den Thron rum saßen vier Jungs, die so zwischen 10 und 17 waren. Sie haben auf einmal angefangen zu schnipsen und dann sind alle aufgestanden, weil der König eingetreten ist.
Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich und hat immer ein ganz verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Wie ich später rausgefunden habe, ist er Mitte 50.
Er hat mich freudig gegrüßt und sich dann über einen Bediensteten sagen lassen, was mein Anliegen sei. Wenn viele Leute im Raum sind, spricht er nie jemanden direkt an.
Er meinte dann er würde es sich mit dem Termin überlegen und es mich über einen Bediensteten wissen lassen.
Gut dachte ich, das wäre erledigt. Ich hatte absolut nicht damit gerechnet, was dann kam.
Abends als ich im Krankenhaus war, kam ein Anruf von einer unbekannten Nummer. Ich habe abgenommen und dann war es doch tatsächlich der Mogho Naaba selbst. Er hat mich gefragt, ob ich am nächsten Tag, so gegen 11 Uhr nochmal kommen könne.
Ganz davon abgesehen, dass man da sowieso nicht nein sagen kann, habe ich natürlich zugesagt.
Ich war am nächsten Vormittag mit einer Freundin verabredet, die das ganz toll fand. Da wir sowieso zusammen unterwegs waren, ist sie mitgefahren.
Ich hatte eigentlich gedacht er würde mir eben den Termin sagen. Weit gefehlt. Er wollte mich nur für den nächsten Abend zu einer Soirée einladen.
Es stellte sich dann als ein Ehemaligentreffen mit all seinen alten Freunden aus dem College heraus. Außer den Ehemaligen waren es nur Silvie und ich.
Im Thronsaal waren zwei lange Tafeln aufgebaut und am Saalende ein kleiner Tisch, an dem er essen würde. Er hat mich eingeladen neben ihm zu sitzen. Diese Ehre hatte ich echt nicht erwartet. Wir haben dann nett geplaudert und nebenbei den Termin abgemacht. Das Essen war vorzüglich. Es gab sogar Champagner.
Der Mogho Naaba selbst hat vor kurzem ein Gedichtband herausgebracht und man konnte es an diesem Abend kaufen. Ich hatte nicht genug Geld dabei und hatte im ersten Moment auch gar nicht das Interesse es einen Band zu kaufen. Als er mir dann aber eine handsignierte Ausgabe geschenkt hat, habe ich mich wirklich sehr gefreut. Zum Abschluss sind wir noch in sein kleines Museum gegangen.
Er war vor seiner Krönung begeisterter Fußballer und Sportler. Seit seiner Ernennung darf er das nicht mehr machen und jetzt hat er sich eben ein Fußballmuseum eingerichtet.
Inzwischen sind noch einige Wochen vergangen und ich war schon fünfmal dort. Er ist immer hocherfreut und begrüßt mich ganz überschwänglich. Der Hofphotograf hat jedesmal ganz viele Photos gemacht, die er mir abgezogen und geschenkt hat.
Die Grundsteinlegung verlief dann aber leider ganz anders als geplant.
Als ich im August kam hat mir niemand gesagt was genau ich machen musste und ich dachte immer wir hätten schon eine Baugenehmigung. Naja, zwei Tage vor der Grundsteinlegung wurde klar, dass die Akte, wegen welcher ich ständig auf das Ministerium gelaufen bin, eben nicht für die Baugenehmigung war, sondern nur für die Anerkennung als NGO.
Ich bin dabei die Formulare auszufüllen, alle Kopien zusammenzusuchen etc.
Bis zum Baubeginn kann es sich also nur noch um Monate handeln.
Mein Praktikum im Krankenhaus ist auch vorbei. Am Mittwochmorgen war ich mit Karin nochmal dort. Wir haben zwei Kuchen gebacken und uns von allen verabschiedet. Der Kuchen kam echt gut an. Das ist hier etwas sehr Ungewöhnliches.
Nächste Woche will ich mit Karin nach Mali fahren. Sie wird dann danach nach Bamako weiterreisen. Von dort gibt es eine Zugverbindung nach Dakar. Der Zug fährt insgesamt 42 Stunden. Ich bin mal gespannt, was sie dann alles erzählt. Sie fliegt dann von dort in die Schweiz zurück. Es ist wirklich schade, dass sie schon abreisen muss. Wir haben hier eine tolle Zeit miteinander verbacht.
Ich fahre gar nicht erst mit nach Bamako, sondern fahre vom Nigerbinnendelta, welches wir anschauen möchten direkt zurück nach Ouaga. Es gibt ein richtig gut funktionierendes Bussytem und man kann für wenig Geld bequem reisen.
Nach der kurzen Reise beginne ich dann mein zweites Praktikum in einem medizinischen Zentrum hier um die Ecke. Ich werde dort vier Wochen, bis Weihnachten arbeiten und bin schon sehr gespannt wie das wird. Im Kreißsaal arbeiten dort nur Hebammen und keine Ärzte.
Ihr verflucht inzwischen wahrscheinlich den Herbst und die Kälte, aber ich kann euch gar nicht beschreiben wie sehr es mir fehlt. Wenn ich im Internet die ganzen Herbstbilder anschaue und an neblige Morgen denke, dann wird mir das Herz echt schwer. Ganz zu schweigen von Plätzchen, Glühwein und Christstollen... hhm. Gibt´s hier alles nicht.
Ich bin mal gespannt wie Weihnachten hier wird. Naja, bestimmt urprünglicher also unsere Winterweihnacht. In Isreal ist es schließlich auch nicht so kalt!
Am Samstag war ich gleich auf zwei Trauerfeiern. Man darf sich das aber nicht so vorstellen, wie bei uns. Es gibt eine Beerdigung, die wohl im Allgemeinen so abläuft wie bei uns und dann gibt es eine Trauerfeier. Die ist gar nicht wie bei uns, sondern wie ein Straßenfest. Die Trauerfeiern kosten hier immer ein Vermögen. Es wird ein Zelt auf der Straße aufgebaut und es gibt Unmengen zu essen und zu trinken. Alle kommen, Nachbarn, Freunde und natürlich die Familie. Und die ist hier bekanntlich sehr groß. Die Familie des Verstorbenen bestimmt einige Tage vor der Feier einen Stoff und fast alle Gäste lassen sich dann aus diesem Stoff Kleider schneidern. Alle sind dann in den gleichen Stoff gehüllt und haben doch alle was anderes an.
Als Geschenk gibt man der Familie ein bisschen Geld. Ich bin mir aber sicher, dass damit nicht einmal ein Bruchteil des Betrages abgedeckt wird.
Jeder der kommt muss etwas essen und trinken. Da ich gar nicht wusste, dass eine Trauerfeier sein würde, habe ich kurz vorher noch zu Mittag gegessen. Nach der zweiten Feier und somit dem dritten Mittagessen war ich echt extrem satt. Ich konnte keinen Reis mehr sehen.
Es gibt dann oft auch eine Art Band, die aber im heutigen Fall den ganzen Tag den gleichen Rhythmus gespielt hat, wozu ein Mann irgendwelche Litaneien ins Mikrofon gesungen hat. Wenn die heute Abend keine Handgelenksschmerzen vom immer gleichen Trommelschlag haben, dann versteh ich die Welt nicht mehr. Viele Leute haben getanzt und im Allgemeinen erinnerte es, wie gesagt eher an eine große Party.
Naja, das Leben geht eben weiter und das soll ja auch gefeiert werden.
Da der Tod hier viel allgegenwärtier ist als bei uns, gehört er einfach zum Leben dazu. Bei uns wird man nur auf den wenigen Beerdigungen damit konfrontiert und die Verstorbenen sind meistens schon alt. Hier sterben auch sehr sehr viele Kinder und Jugendliche. Die Kleinen an echten Tropenkrankheiten oder Durchfall, die älteren meist in Verkehrsunfällen. Vor Kurzem habe ich gehört, dass das zu den schlimmsten Tropenkrankheiten zählt und bei den zunehmenden Verkehrsaufkommen auch auf dem Vormarsch ist.
Ich bin mir sicher, dass eine Helmpflicht hier jedes Jahr hunderte von Menschenleben retten könnte. Aber das hat die Regierung schon versucht und ist wohl kläglich gescheitert. Eine Strafe bringt eben nichts, wenn man den Polizisten mit der Hälfte schmieren kann.
So wenig wie die Leute hier verdienen und bei der großen Anzahl hungernder Menschen kann man es den Polizisten kaum noch verübeln.
Es hat schon seit Wochen nicht geregnet und es wird wohl auch noch bis Mai dauern, bis der Regen wieder kommt. Durch die Trockenheit gibt es jetzt unglaublich viel Staub. Abends, wenn ich heimkomme denke ich immer ich hätte an dem Tag ganz viel Farbe bekommen, bis die Dusche mich vom Gegenteil überzeugt.
Es gibt aber zum Glück die öffentlich Putzkolonne. Unzählige Frauen ziehen jeden Morgen durch dir Stadt und fegen alle Straßen und Gehwege. Das führt dazu, dass jeden Morgen aller Müll, der so den Tag über liegen bleibt wegkommt und außerdem, dass die Teerstraßen ein bißchen weniger stauben.
Ouaga ist sowieso recht sauber.
So mit dieser schönen Nachricht will ich enden und sende euch allen ganz liebe Grüße.
Seid umarmt...
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