Donnerstag, 25. November 2010
Einer geht noch
priskamaria, 14:17h
In der Woche nach dem Besuch aus Baden fand hier in der Stadt das SIAO statt. Es ist die größte Kunsthandwerksmesse Westafrikas. Auf dem Messegelände sind vier große Ausstellungshallen. Es waren unglaublich viele Aussteller aus allen möglichen Ländern der Region da. Ein Großteil der angebotenen Waren entsprach dem typischen afrikanischen Kunsthandwerk wie Masken, Holzfiguren und Trommeln. Dinge die man in jedem Ethnoshop in Europa kaufen kann. In zwei der Pavillons waren aber moderne afrikanische Sachen ausgestellt. Es waren wirklich tolle und inspirierende Möbel und Stoffe darunter. Ich habe zwar nicht viel gekauft, aber die Atmosphäre war einfach toll und es hat Spaß gemacht.
Am Tag nach dem SIAO bin ich mit Karin nach Mali aufgebrochen. Wir haben ganz früh morgens einen Bus nach Ouahigouya genommen. Das ist eine kleine Stadt im Nordwesten Burkina Fasos. Der Reiseführer hatte sehr recht mit seiner Beschreibung, dass es ein wirklich nicht sehr sehenswertes Nest ist. Wir wollten aber sowieso gleich weiter und da kam es uns gerade recht, dass es kulturell nichts zu verpassen gab.
Wir fanden ziemlich schnell ein Taxi brousse. Das sind Kleinbusse, in die man möglichst viele Sitzreihen einbaut um möglichst viele Leute unterzubringen. Da im Bus selbst dann kein Platz mehr ist, kommt das Gepäck aufs Dach.
Da es so viele Leute gab, die auf dem Heimweg vom SIAO waren, mussten wir nicht allzu lange warten, bis das Taxi voll war.
Nach Ouahigouya kommt außer Savanne nicht mehr viel. Nur noch ein paar Dörfer und verlorene Grenzposten. Bei der ersten Kontrolle waren Karin und ich schon ganz erfreut, weil wir dachten, dass wir jetzt bald in Mali seien. Weit gefehlt. Insgesamt wurden wir viermal kontrolliert. Die Seitentür des Busses ließ sich nach dem ersten Stopp aus unerklärlichen Gründen (der Griff war weg!!) nicht mehr öffnen und so mussten alle 15 Fahrgäste über die Beifahrertür aussteigen. Einen Mittelgang gibt´s in den Bussen nicht, da dort ja jemand sitzen muss und deshalb glich unsere Grenzüberquerung eher einem Kletter-Menschenorigami-Trip, als einer normalen Busfahrt. Bei der ersten Polizeistation mussten sich Männer und Frauen getrennt aufstellen. Warum haben wir echt nicht verstanden, weil es nach unserem europäischen Denken viel sinnvoller wäre nach z.B. Nationalitäten aufzuteilen. Naja. Ein anderer Fahrgast hat uns dann erklärt es sei zum Schutze der Frauen, weil die Männer ja sonst wuschig würden. Ja genau. Und dann quetscht man sie logischerweise alle zusammen in einen Kleinbus, der so voll ist, dass es jedem, der Körperkontakt fürchtet die größten Alpträume beschweren würden. Das ergibt Sinn!!!
Auf jeden Fall waren wir dann nach knapp 3h in Mali und noch ein paar Stunden später in Koro, einer kleinen Grenzstadt in Mali.
Dort mussten wir dann das nächste Taxi suchen um nach Mopti weiterzukommen.
Wer denkt 15 Leute in einem Kleinbus sei viel, saß noch nie in einem Peugeot-Kombi mit 11 Fahrgästen. Ja, es geht immer noch besser.
Was mich erst auf der Heimfahrt ereilen würde, konnte ich mir zu dem Zeitpunkt ja noch gar nicht erträumen.
In der auf unsere Reise folgenden Woche war Hammelfest und alle Malier haben Schafböcke gekauft. Hammel gibt´s hier nicht, nur Böcke. Wie auch immer.
In Koro sind die auf jeden Fall billiger als in Mopti und da haben doch gleich ein paar Mitreisende die Gelegenheit ergriffen und noch einen Schafbock gekauft. Die werden dann (Tierschützer jetzt bitte nicht weiterlesen) bis zum Hals in einen Plastiksack verpackt, damit sie nicht mehr so rumstrampeln können. Das sieht dann aus wie ein verpacktes Riesenosterlamm mit Schleife um den Hals, welches man dann Platz sparend aufs Dach packen kann. Ich glaube insgesamt sind vier Schafe auf dem Dach mitgefahren. Karin und ich waren nur froh, dass es Abend wurde und wenigstens die Sonne nicht mehr so stark war.
So ging´s dann also bald weiter in Richtung Mopti.
Zwischen Koro und Mopti gibt es einen Gebirgszug. Es ist das Land der Dogon. Das ist eine sehr alte Ethnie und die Menschen haben dort früher in so einer Art Felsdörfern gewohnt. Die meisten Dörfer kann man auch heute noch nur zu Fuß erreichen.
Die tollen Deutschen, wie uns mehrfach erzählt wurde, haben aber eine zum Großteil befestigte Piste quer durch gebaut. Das ist für die Leute klasse, aber für uns war´s an diesem Abend noch viel toller.
Wir kamen genau zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs dort an. Das Licht und die Landschaft waren atemberaubend. Der Ausblick von den Felsen auf die afrikanische Steppe und die untergehende Sonne war einfach absolut genial. Die erste Steigung mussten wir zu Fuß gehen, weil das überladene Auto selbst ohne Fahrgäste kaum den Berg hochkam, aber das kam uns gerade recht. Es war so toll.
Erst ziemlich spät kamen wir dann müde in Mopti an. Wir waren die ganze Fahrt mit einem netten Malier gefahren, der als Aussteller auf dem SIAO gewesen war. Er hatte noch von unterwegs aus einen Freund angerufen, der dann an den Taxibahnhof kam und uns ein Hotel ganz in der Nähe gezeigt hat. Das war wirklich nett.
Leider war das Hotel extrem ekelhaft.Wir beschlossen uns gleich am nächsten Morgen ein anderes zu suchen.
Wir haben acuh zum Glück auf Anhieb ein wunderschönes sauberes Hotel gefunden. Das Ya Pas De Problèm in Mopti kann ich hiermit nur allen empfehlen.
Mopti ist eine Stadt im Nordosten Malis. Sie liegt am Zusammenfluss von Bani und Niger und ist komplett von Wasser umgeben. Es ist der südöstliche Teil des Nigerbinnendeltas, welches im Norden fast bis nach Timbuktu reicht. Da es die letzte große Stadt vor Timbuktu ist, sind dort oft sehr viele Touristen auf der Durchreise.
Aus diesem Grund gibt es leider unzählige Guides.
Da zur Zeit von Reisen nach Timbuktu abgeraten wird und in Europa oder USA keine Reisezeit ist, waren natürlich nicht so viele Touris da.
Wir waren also das gefundene Fressen. Man konnte kaum mal 5 Minuten gehen, ohne dass einem irgendein ganz toller!, ortskundiger! und billiger! Guide seine Dienste anbieten wollte. Manche waren echt zum Durchdrehen anstrengend. Einer ist uns einfach die ganze Zeit auf dem Markt gefolgt und hat überall, wo wir stehen geblieben sind einfach von sich aus Gespräche für uns angefangen. Wir haben ihm erst freundlich und dann immer deutlicher gesagt, dass wir in Ruhe gelassen werden wollen und ohne ihn spazieren gehen wollen. Seine Antwort war nur, dass er uns aber eben folgen wolle. Basta. Als Karin dann zu ihm gesagt hat, dass man im Leben nicht immer alles haben könne was man wolle, bin ich vor Lachen fast geplatzt. Zum Glück war er nicht schlagfertig genug uns zu erklären, dass das für uns ja genauso zutreffen würde.
Die Guides haben ein ziemlich gut funktionierendes Informationssystem und so wussten alle in welchem Hotel wir wohnten, was wir besichtigt hatten, wo wir gegessen hatten. An einem Tag wurde Karin sogar drauf angesprochen, dass sie ja am Abend zuvor lange telefoniert habe. Das war echt nervig.
Mit Ibrahim, dem netten Kunsthandwerkshändler aus dem Bus und Sidiki, einem Freund und Kollegen haben wir an einem Tag dann eine kleine Tour gemacht. Wir sind etwas außerhalb der Stadt an einen kleinen Hafen gefahren und haben uns ein Boot gemietet um in die Inseldörfer zu kommen. Die Dörfer sind sind auf kleinen Inseln im Fluss und komplett aus Lehmbauhütten. Es gibt keinen Stromanschluss und das einzige fließende Wasser ist der vorbeirauschende Fluss. Die Leute schienen aber dennoch sehr zufrieden. Das Leben geht dort eher einen ruhigen Gang.
Es war ein wirklich schöner Tag. Da die beiden die Dörfer auch noch nie besichtigt hatten, war es echt ein Spaß.
Abends haben wir mit den beiden immer Tee getrunken. Es ist ein sehr starker Grüntee, aus dem man mit viel Zucker drei Aufgüsse macht. Die Zubereitung ist wie eine kleine Zeremonie und man sitzt dann ewig zusammen und quatscht. Es ist herrlich gemütlich.
Am vorletzten Abend haben sie für uns gekocht. Karin hatte ihnen zwei Tage vorher beiläufig erzählt, dass sie auf dem Markt Tauben gesehen habe und gefragt, wo man das essen könne. Sie haben dann doch echt Taube gekocht. Es war sehr lecker und natürlich eine große Freude.
Am Samstag habe ich mich dann auf den Rückweg nach Ouaga gemacht und Karin ist über Djenné nach Bamako weitergefahren. Sie ist von Bamako aus nach Dakar weitergereist um dort ein Flugzeug zurück in die Schweiz zu nehmen.
Auf dem Hinweg war das ganze Warten auf Taxis und so weiter ja noch ganz witzig, weil wir zusammen unterwegs waren. Die Heimreise hat mich nur noch genervt. Um 14h sollte Treffpunkt für die Abreise mit meinem Bus sein. Ursprünglich hieß es der Bus fahre bis Bobo-Dioulasso durch. Das ist die zweitgrößte Stadt in Burkina Faso und von dort gibt es ständig Busse nach Ouaga. Aber es kommt eben immer anders als man denkt.
Der Bus sah aus, als käme er geradewegs vom Schrottplatz. Die Sitze waren so abgesessen, dass man direkt auf der Holzwolle saß. Das piekt dann so schön für ein paar Stunden. Ein Traum!
Gegen 17h30 fuhren wir los um gegen 18h in der nächsten Stadt erstmal eine Stunde Pause zu machen. Die nächsten Pausen waren zum Glück etwas kürzer, aber aus den versprochenen 8h Stunden Fahrt bis Bobo wurden 11h Fahrt nur bis Koutiala. Unterwegs hatten wir mitten in der Pampa dann auch noch zweimal eine Reifenpanne. Es mussten immer alle 50-60 Fahrgäste aussteigen, damit der Wagenheber besser funktioniert. Da ich dank der Holzwolle eh nicht schlafen konnte, war es auch egal und somit hatte ich immerhin zweimal eine Frischluftpause.
Gegen 4 Uhr morgens kamen wir in Koutiala an. Das ist ein kleines Grenzdorf in Mali, in welchem morgens um 4 einfach mal gar nichts los ist.
Ich hatte unglaubliches Glück, dass um 6 Uhr schon wieder ein Taxi brousse nach Bobo fuhr. Das war echt gut. Naja, die Tatsache, das Taxi nicht.
Frei nach dem Motto „Einer geht noch“ waren wir diesmal zu 18t im Fahrraum. Unter meiner, der hintersten Sitzbank war noch eine Ziege, die verständlicherweise die ganze Zeit gemeckert hat.
Auf dem Dach war das ganze Gepäck, vier große Schafböcke, vier Fahrräder, 200kg Reis, 70l Wasser für die Motorkühlung, vier Ersatzreifen und sechs erwachsene Männer. Das dieses Auto überhaupt noch fahren konnte, grenzt an eine Wunder. Ein Lob an Toyota!
Ich saß so eingeengt, dass sich mein Bein recht bald in Orpheus Arme begeben hat und ich die reine Thrombosepanik bekam. Ich sah mich schon am Bahnhof in Ouaga dramatisch an einer Lungenembolie dahinscheiden.
Soweit kam´s zum Glück nicht.
Nach stundenlangem Dahinkriechen, aus dem Auto krabbeln, Pass kontrollieren lassen etc. kamen wir um 15 Uhr in Bobo an. Ich war nur noch froh. Es hieß zwischen Bobo und Ouaga verkehren fast stündlich Busse und da dachte ich, ich sei bestimmt bald daheim. Um 15h05 war ich am Busbahnhof und, wie auch anders möglich war der Bus 3 Minuten zuvor abgefahren. Nach der langen Nacht, hungrig, durstig und nach dem ganzen Schlamassel war ich echt den Tränen nahe. Zum Glück gab es für 18h30 noch einen Platz im Bus und so habe ich eben gewartet. Eine Freundin, die in Bobo wohnt hatte glücklicherweise frei und kam an den Bahnhof. So ging die Zeit schneller rum als ich dachte und pünktlich um 18h30 fuhr der Bus ab. Die Gesellschaft TCV hat Busse, die europäischen Standards entsprechen und von total nettem Fahrpersonal begleitet werden. Ich bin fast augenblicklich eingeschlafen. Kurz vor Ouaga bin ich aufgewacht, weil sich die Frau direkt hinter mir lautstark die Seele aus dem Leib kotzte. Nach meiner Krankenhausabhärtung sowohl hier als auch in Lomé und dank der Müdigkeit konnte mir das aber nichts mehr anhaben.
Um 23h30 nach 30h Fahrzeit kam ich abgeschlagen, aber wieder glücklich in Ouaga an, wo Aimé mit dem Motorrad auf mich gewartet hat.
Ich hab daraus gelernt, dass Rumreisen zwar lustig sein kann, aber nicht alleine. Zumindest ist das nichts für mich.
Nach Mali hatte ich dann noch eine Woche um an meiner Datenauswertung für die Doktorarbeit zu arbeiten und am Montag dieser Woche habe ich mein zweites Praktikum begonnen.
Das CMA (Centre Médical avec Antenne chirurgicale) Paul VI ist ein kirchliches Krankenhaus gleich bei mir um die Ecke. Viele Schwestern und Priester arbeiten dort und es herrscht eine angenehme ruhige Atmosphäre.
Es ist vor allem im Vergleich zum Unikrankenhaus total sauber und organisiert.
Aber leider ist nichts los.
Im März, April ist es hier unglaublich heiß und die meisten Menschen schlafen draußen und vermeiden vor lauter Hitze jeglichen Körperkontakt. Deshalb gibt es im Winter dann immer einen Geburtentief.
Zum Glück kann ich auch viele andere Sachen machen und außerdem sind die Leute nett.
Ich fühle mich wohl dort und habe mittags noch genug Energie an meiner Doktorarbeit zu arbeiten oder euch lange Blogberichte schreiben.
Ich sende euch ganz viele Grüße ins Glühweinland.
Seid umarmt
Auf bald
Am Tag nach dem SIAO bin ich mit Karin nach Mali aufgebrochen. Wir haben ganz früh morgens einen Bus nach Ouahigouya genommen. Das ist eine kleine Stadt im Nordwesten Burkina Fasos. Der Reiseführer hatte sehr recht mit seiner Beschreibung, dass es ein wirklich nicht sehr sehenswertes Nest ist. Wir wollten aber sowieso gleich weiter und da kam es uns gerade recht, dass es kulturell nichts zu verpassen gab.
Wir fanden ziemlich schnell ein Taxi brousse. Das sind Kleinbusse, in die man möglichst viele Sitzreihen einbaut um möglichst viele Leute unterzubringen. Da im Bus selbst dann kein Platz mehr ist, kommt das Gepäck aufs Dach.
Da es so viele Leute gab, die auf dem Heimweg vom SIAO waren, mussten wir nicht allzu lange warten, bis das Taxi voll war.
Nach Ouahigouya kommt außer Savanne nicht mehr viel. Nur noch ein paar Dörfer und verlorene Grenzposten. Bei der ersten Kontrolle waren Karin und ich schon ganz erfreut, weil wir dachten, dass wir jetzt bald in Mali seien. Weit gefehlt. Insgesamt wurden wir viermal kontrolliert. Die Seitentür des Busses ließ sich nach dem ersten Stopp aus unerklärlichen Gründen (der Griff war weg!!) nicht mehr öffnen und so mussten alle 15 Fahrgäste über die Beifahrertür aussteigen. Einen Mittelgang gibt´s in den Bussen nicht, da dort ja jemand sitzen muss und deshalb glich unsere Grenzüberquerung eher einem Kletter-Menschenorigami-Trip, als einer normalen Busfahrt. Bei der ersten Polizeistation mussten sich Männer und Frauen getrennt aufstellen. Warum haben wir echt nicht verstanden, weil es nach unserem europäischen Denken viel sinnvoller wäre nach z.B. Nationalitäten aufzuteilen. Naja. Ein anderer Fahrgast hat uns dann erklärt es sei zum Schutze der Frauen, weil die Männer ja sonst wuschig würden. Ja genau. Und dann quetscht man sie logischerweise alle zusammen in einen Kleinbus, der so voll ist, dass es jedem, der Körperkontakt fürchtet die größten Alpträume beschweren würden. Das ergibt Sinn!!!
Auf jeden Fall waren wir dann nach knapp 3h in Mali und noch ein paar Stunden später in Koro, einer kleinen Grenzstadt in Mali.
Dort mussten wir dann das nächste Taxi suchen um nach Mopti weiterzukommen.
Wer denkt 15 Leute in einem Kleinbus sei viel, saß noch nie in einem Peugeot-Kombi mit 11 Fahrgästen. Ja, es geht immer noch besser.
Was mich erst auf der Heimfahrt ereilen würde, konnte ich mir zu dem Zeitpunkt ja noch gar nicht erträumen.
In der auf unsere Reise folgenden Woche war Hammelfest und alle Malier haben Schafböcke gekauft. Hammel gibt´s hier nicht, nur Böcke. Wie auch immer.
In Koro sind die auf jeden Fall billiger als in Mopti und da haben doch gleich ein paar Mitreisende die Gelegenheit ergriffen und noch einen Schafbock gekauft. Die werden dann (Tierschützer jetzt bitte nicht weiterlesen) bis zum Hals in einen Plastiksack verpackt, damit sie nicht mehr so rumstrampeln können. Das sieht dann aus wie ein verpacktes Riesenosterlamm mit Schleife um den Hals, welches man dann Platz sparend aufs Dach packen kann. Ich glaube insgesamt sind vier Schafe auf dem Dach mitgefahren. Karin und ich waren nur froh, dass es Abend wurde und wenigstens die Sonne nicht mehr so stark war.
So ging´s dann also bald weiter in Richtung Mopti.
Zwischen Koro und Mopti gibt es einen Gebirgszug. Es ist das Land der Dogon. Das ist eine sehr alte Ethnie und die Menschen haben dort früher in so einer Art Felsdörfern gewohnt. Die meisten Dörfer kann man auch heute noch nur zu Fuß erreichen.
Die tollen Deutschen, wie uns mehrfach erzählt wurde, haben aber eine zum Großteil befestigte Piste quer durch gebaut. Das ist für die Leute klasse, aber für uns war´s an diesem Abend noch viel toller.
Wir kamen genau zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs dort an. Das Licht und die Landschaft waren atemberaubend. Der Ausblick von den Felsen auf die afrikanische Steppe und die untergehende Sonne war einfach absolut genial. Die erste Steigung mussten wir zu Fuß gehen, weil das überladene Auto selbst ohne Fahrgäste kaum den Berg hochkam, aber das kam uns gerade recht. Es war so toll.
Erst ziemlich spät kamen wir dann müde in Mopti an. Wir waren die ganze Fahrt mit einem netten Malier gefahren, der als Aussteller auf dem SIAO gewesen war. Er hatte noch von unterwegs aus einen Freund angerufen, der dann an den Taxibahnhof kam und uns ein Hotel ganz in der Nähe gezeigt hat. Das war wirklich nett.
Leider war das Hotel extrem ekelhaft.Wir beschlossen uns gleich am nächsten Morgen ein anderes zu suchen.
Wir haben acuh zum Glück auf Anhieb ein wunderschönes sauberes Hotel gefunden. Das Ya Pas De Problèm in Mopti kann ich hiermit nur allen empfehlen.
Mopti ist eine Stadt im Nordosten Malis. Sie liegt am Zusammenfluss von Bani und Niger und ist komplett von Wasser umgeben. Es ist der südöstliche Teil des Nigerbinnendeltas, welches im Norden fast bis nach Timbuktu reicht. Da es die letzte große Stadt vor Timbuktu ist, sind dort oft sehr viele Touristen auf der Durchreise.
Aus diesem Grund gibt es leider unzählige Guides.
Da zur Zeit von Reisen nach Timbuktu abgeraten wird und in Europa oder USA keine Reisezeit ist, waren natürlich nicht so viele Touris da.
Wir waren also das gefundene Fressen. Man konnte kaum mal 5 Minuten gehen, ohne dass einem irgendein ganz toller!, ortskundiger! und billiger! Guide seine Dienste anbieten wollte. Manche waren echt zum Durchdrehen anstrengend. Einer ist uns einfach die ganze Zeit auf dem Markt gefolgt und hat überall, wo wir stehen geblieben sind einfach von sich aus Gespräche für uns angefangen. Wir haben ihm erst freundlich und dann immer deutlicher gesagt, dass wir in Ruhe gelassen werden wollen und ohne ihn spazieren gehen wollen. Seine Antwort war nur, dass er uns aber eben folgen wolle. Basta. Als Karin dann zu ihm gesagt hat, dass man im Leben nicht immer alles haben könne was man wolle, bin ich vor Lachen fast geplatzt. Zum Glück war er nicht schlagfertig genug uns zu erklären, dass das für uns ja genauso zutreffen würde.
Die Guides haben ein ziemlich gut funktionierendes Informationssystem und so wussten alle in welchem Hotel wir wohnten, was wir besichtigt hatten, wo wir gegessen hatten. An einem Tag wurde Karin sogar drauf angesprochen, dass sie ja am Abend zuvor lange telefoniert habe. Das war echt nervig.
Mit Ibrahim, dem netten Kunsthandwerkshändler aus dem Bus und Sidiki, einem Freund und Kollegen haben wir an einem Tag dann eine kleine Tour gemacht. Wir sind etwas außerhalb der Stadt an einen kleinen Hafen gefahren und haben uns ein Boot gemietet um in die Inseldörfer zu kommen. Die Dörfer sind sind auf kleinen Inseln im Fluss und komplett aus Lehmbauhütten. Es gibt keinen Stromanschluss und das einzige fließende Wasser ist der vorbeirauschende Fluss. Die Leute schienen aber dennoch sehr zufrieden. Das Leben geht dort eher einen ruhigen Gang.
Es war ein wirklich schöner Tag. Da die beiden die Dörfer auch noch nie besichtigt hatten, war es echt ein Spaß.
Abends haben wir mit den beiden immer Tee getrunken. Es ist ein sehr starker Grüntee, aus dem man mit viel Zucker drei Aufgüsse macht. Die Zubereitung ist wie eine kleine Zeremonie und man sitzt dann ewig zusammen und quatscht. Es ist herrlich gemütlich.
Am vorletzten Abend haben sie für uns gekocht. Karin hatte ihnen zwei Tage vorher beiläufig erzählt, dass sie auf dem Markt Tauben gesehen habe und gefragt, wo man das essen könne. Sie haben dann doch echt Taube gekocht. Es war sehr lecker und natürlich eine große Freude.
Am Samstag habe ich mich dann auf den Rückweg nach Ouaga gemacht und Karin ist über Djenné nach Bamako weitergefahren. Sie ist von Bamako aus nach Dakar weitergereist um dort ein Flugzeug zurück in die Schweiz zu nehmen.
Auf dem Hinweg war das ganze Warten auf Taxis und so weiter ja noch ganz witzig, weil wir zusammen unterwegs waren. Die Heimreise hat mich nur noch genervt. Um 14h sollte Treffpunkt für die Abreise mit meinem Bus sein. Ursprünglich hieß es der Bus fahre bis Bobo-Dioulasso durch. Das ist die zweitgrößte Stadt in Burkina Faso und von dort gibt es ständig Busse nach Ouaga. Aber es kommt eben immer anders als man denkt.
Der Bus sah aus, als käme er geradewegs vom Schrottplatz. Die Sitze waren so abgesessen, dass man direkt auf der Holzwolle saß. Das piekt dann so schön für ein paar Stunden. Ein Traum!
Gegen 17h30 fuhren wir los um gegen 18h in der nächsten Stadt erstmal eine Stunde Pause zu machen. Die nächsten Pausen waren zum Glück etwas kürzer, aber aus den versprochenen 8h Stunden Fahrt bis Bobo wurden 11h Fahrt nur bis Koutiala. Unterwegs hatten wir mitten in der Pampa dann auch noch zweimal eine Reifenpanne. Es mussten immer alle 50-60 Fahrgäste aussteigen, damit der Wagenheber besser funktioniert. Da ich dank der Holzwolle eh nicht schlafen konnte, war es auch egal und somit hatte ich immerhin zweimal eine Frischluftpause.
Gegen 4 Uhr morgens kamen wir in Koutiala an. Das ist ein kleines Grenzdorf in Mali, in welchem morgens um 4 einfach mal gar nichts los ist.
Ich hatte unglaubliches Glück, dass um 6 Uhr schon wieder ein Taxi brousse nach Bobo fuhr. Das war echt gut. Naja, die Tatsache, das Taxi nicht.
Frei nach dem Motto „Einer geht noch“ waren wir diesmal zu 18t im Fahrraum. Unter meiner, der hintersten Sitzbank war noch eine Ziege, die verständlicherweise die ganze Zeit gemeckert hat.
Auf dem Dach war das ganze Gepäck, vier große Schafböcke, vier Fahrräder, 200kg Reis, 70l Wasser für die Motorkühlung, vier Ersatzreifen und sechs erwachsene Männer. Das dieses Auto überhaupt noch fahren konnte, grenzt an eine Wunder. Ein Lob an Toyota!
Ich saß so eingeengt, dass sich mein Bein recht bald in Orpheus Arme begeben hat und ich die reine Thrombosepanik bekam. Ich sah mich schon am Bahnhof in Ouaga dramatisch an einer Lungenembolie dahinscheiden.
Soweit kam´s zum Glück nicht.
Nach stundenlangem Dahinkriechen, aus dem Auto krabbeln, Pass kontrollieren lassen etc. kamen wir um 15 Uhr in Bobo an. Ich war nur noch froh. Es hieß zwischen Bobo und Ouaga verkehren fast stündlich Busse und da dachte ich, ich sei bestimmt bald daheim. Um 15h05 war ich am Busbahnhof und, wie auch anders möglich war der Bus 3 Minuten zuvor abgefahren. Nach der langen Nacht, hungrig, durstig und nach dem ganzen Schlamassel war ich echt den Tränen nahe. Zum Glück gab es für 18h30 noch einen Platz im Bus und so habe ich eben gewartet. Eine Freundin, die in Bobo wohnt hatte glücklicherweise frei und kam an den Bahnhof. So ging die Zeit schneller rum als ich dachte und pünktlich um 18h30 fuhr der Bus ab. Die Gesellschaft TCV hat Busse, die europäischen Standards entsprechen und von total nettem Fahrpersonal begleitet werden. Ich bin fast augenblicklich eingeschlafen. Kurz vor Ouaga bin ich aufgewacht, weil sich die Frau direkt hinter mir lautstark die Seele aus dem Leib kotzte. Nach meiner Krankenhausabhärtung sowohl hier als auch in Lomé und dank der Müdigkeit konnte mir das aber nichts mehr anhaben.
Um 23h30 nach 30h Fahrzeit kam ich abgeschlagen, aber wieder glücklich in Ouaga an, wo Aimé mit dem Motorrad auf mich gewartet hat.
Ich hab daraus gelernt, dass Rumreisen zwar lustig sein kann, aber nicht alleine. Zumindest ist das nichts für mich.
Nach Mali hatte ich dann noch eine Woche um an meiner Datenauswertung für die Doktorarbeit zu arbeiten und am Montag dieser Woche habe ich mein zweites Praktikum begonnen.
Das CMA (Centre Médical avec Antenne chirurgicale) Paul VI ist ein kirchliches Krankenhaus gleich bei mir um die Ecke. Viele Schwestern und Priester arbeiten dort und es herrscht eine angenehme ruhige Atmosphäre.
Es ist vor allem im Vergleich zum Unikrankenhaus total sauber und organisiert.
Aber leider ist nichts los.
Im März, April ist es hier unglaublich heiß und die meisten Menschen schlafen draußen und vermeiden vor lauter Hitze jeglichen Körperkontakt. Deshalb gibt es im Winter dann immer einen Geburtentief.
Zum Glück kann ich auch viele andere Sachen machen und außerdem sind die Leute nett.
Ich fühle mich wohl dort und habe mittags noch genug Energie an meiner Doktorarbeit zu arbeiten oder euch lange Blogberichte schreiben.
Ich sende euch ganz viele Grüße ins Glühweinland.
Seid umarmt
Auf bald
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Donnerstag, 18. November 2010
Eine Audienz kommt selten allein
priskamaria, 14:04h
Die letzten Wochen waren von noch häufigeren Behördengängen, unzähligen Telefonaten und ja, Audienzen geprägt.
Vorletzte Woche rief mich mein Prof aus Deutschland an, ob ich nicht zum Mogho Naaba gehen könnte. Von ihm haben wir das Grundstück für unsere Klinik geschenkt bekommen und er sollte den Termin für die Grundsteinlegung festlegen.
Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr wisst, wer das überhaupt ist...
Die vorherrschende Ethnie in Burkina Faso sind die Mossi. 50% der Bevölkerung gehören ihnen an und das Hauptsiedlungsgebiert ist in der Region um Ouagadougou. Die Mossi sind ein Kriegervolk, das im 11. Jahrhundert von Osten her in das heutige Gebiet eingedrungen sind. Ursprünglich gab es mehrere Staaten, die sich bis zur Kolonialzeit erhalten haben. Der Mogho Naaba ist auch heute noch ihr Herrscher und König, auch wenn seine Aufgaben heutzutage hauptsächlich repräsentativ sind. Er hat keinen Einfluss auf die Politik. Dafür umso mehr auf die Menschen.
Er lebt in einem recht schlichten Palast hier in Ouaga. Hinter dem Palastgebäude stehen mehrere Hütten, wo seine 40 bis 60 Frauen leben. Es gibt wohl sogar Eunuchen, die den Harem bewachen. Zu Gesicht bekommt man die Frauen nicht. Sie leben unter sehr archaischen Bedingungen ohne Strom und fließend Wasser. Viele von euch fragen sich jetzt wahrscheinlich, wie man in der heutigen Zeit überhaupt so viele Frauen dazu bringen konnte so zu leben. Naja, ihre tägliche Versorgung ist ihnen sicher und sie müssen sich über die Zukunft ihrer Kinder nicht sorgen. Damit haben sie schon vieles, was sich die meisten hier wünschen.
Die Struktur des Hofes fand ich sehr interessant. Die Söhne wachsen nicht am Hof, sondern in Pflegefamilien auf. Sie wissen auch nicht, dass sie die Kinder das Mogho Naaba sind, sondern gehen ganz normal zur Schule und wachsen mit Normalsterblichen auf.
Wenn dann der alte Mogho Naaba stirbt, ruft man die Söhne zusammen, welche sich verschiedenen Prüfungen unterziehen müssen. Der Sohn, der vom Rat als der beste ausgewählt wird, wird der nächste Mogho Naaba. Der zurzeit regierende Mogho war schon Mitte 30 als er zum König ernannt wurde und es war für ihn wohl keine leichte Zeit. Er musste sein ganzes vorheriges Leben aufgeben. Eine Wahl hatte er nicht.
Auf jeden Fall schickte mich mein Prof in den Palast. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich längere Zeit ausharren muss, bis ich eine Audienz bekäme, aber dem war nicht so.
Vom Palastwächter wurde ich in den Thronsaal geführt und es kam sofort ein kleiner Junge, der mir Wasser gebacht hat.
Es saßen ziemlich viele Männer einfach so da rum und mir ist deren Bedeutung bis heute nicht klar. Um den Thron rum saßen vier Jungs, die so zwischen 10 und 17 waren. Sie haben auf einmal angefangen zu schnipsen und dann sind alle aufgestanden, weil der König eingetreten ist.
Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich und hat immer ein ganz verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Wie ich später rausgefunden habe, ist er Mitte 50.
Er hat mich freudig gegrüßt und sich dann über einen Bediensteten sagen lassen, was mein Anliegen sei. Wenn viele Leute im Raum sind, spricht er nie jemanden direkt an.
Er meinte dann er würde es sich mit dem Termin überlegen und es mich über einen Bediensteten wissen lassen.
Gut dachte ich, das wäre erledigt. Ich hatte absolut nicht damit gerechnet, was dann kam.
Abends als ich im Krankenhaus war, kam ein Anruf von einer unbekannten Nummer. Ich habe abgenommen und dann war es doch tatsächlich der Mogho Naaba selbst. Er hat mich gefragt, ob ich am nächsten Tag, so gegen 11 Uhr nochmal kommen könne.
Ganz davon abgesehen, dass man da sowieso nicht nein sagen kann, habe ich natürlich zugesagt.
Ich war am nächsten Vormittag mit einer Freundin verabredet, die das ganz toll fand. Da wir sowieso zusammen unterwegs waren, ist sie mitgefahren.
Ich hatte eigentlich gedacht er würde mir eben den Termin sagen. Weit gefehlt. Er wollte mich nur für den nächsten Abend zu einer Soirée einladen.
Es stellte sich dann als ein Ehemaligentreffen mit all seinen alten Freunden aus dem College heraus. Außer den Ehemaligen waren es nur Silvie und ich.
Im Thronsaal waren zwei lange Tafeln aufgebaut und am Saalende ein kleiner Tisch, an dem er essen würde. Er hat mich eingeladen neben ihm zu sitzen. Diese Ehre hatte ich echt nicht erwartet. Wir haben dann nett geplaudert und nebenbei den Termin abgemacht. Das Essen war vorzüglich. Es gab sogar Champagner.
Der Mogho Naaba selbst hat vor kurzem ein Gedichtband herausgebracht und man konnte es an diesem Abend kaufen. Ich hatte nicht genug Geld dabei und hatte im ersten Moment auch gar nicht das Interesse es einen Band zu kaufen. Als er mir dann aber eine handsignierte Ausgabe geschenkt hat, habe ich mich wirklich sehr gefreut. Zum Abschluss sind wir noch in sein kleines Museum gegangen.
Er war vor seiner Krönung begeisterter Fußballer und Sportler. Seit seiner Ernennung darf er das nicht mehr machen und jetzt hat er sich eben ein Fußballmuseum eingerichtet.
Inzwischen sind noch einige Wochen vergangen und ich war schon fünfmal dort. Er ist immer hocherfreut und begrüßt mich ganz überschwänglich. Der Hofphotograf hat jedesmal ganz viele Photos gemacht, die er mir abgezogen und geschenkt hat.
Die Grundsteinlegung verlief dann aber leider ganz anders als geplant.
Als ich im August kam hat mir niemand gesagt was genau ich machen musste und ich dachte immer wir hätten schon eine Baugenehmigung. Naja, zwei Tage vor der Grundsteinlegung wurde klar, dass die Akte, wegen welcher ich ständig auf das Ministerium gelaufen bin, eben nicht für die Baugenehmigung war, sondern nur für die Anerkennung als NGO.
Ich bin dabei die Formulare auszufüllen, alle Kopien zusammenzusuchen etc.
Bis zum Baubeginn kann es sich also nur noch um Monate handeln.
Mein Praktikum im Krankenhaus ist auch vorbei. Am Mittwochmorgen war ich mit Karin nochmal dort. Wir haben zwei Kuchen gebacken und uns von allen verabschiedet. Der Kuchen kam echt gut an. Das ist hier etwas sehr Ungewöhnliches.
Nächste Woche will ich mit Karin nach Mali fahren. Sie wird dann danach nach Bamako weiterreisen. Von dort gibt es eine Zugverbindung nach Dakar. Der Zug fährt insgesamt 42 Stunden. Ich bin mal gespannt, was sie dann alles erzählt. Sie fliegt dann von dort in die Schweiz zurück. Es ist wirklich schade, dass sie schon abreisen muss. Wir haben hier eine tolle Zeit miteinander verbacht.
Ich fahre gar nicht erst mit nach Bamako, sondern fahre vom Nigerbinnendelta, welches wir anschauen möchten direkt zurück nach Ouaga. Es gibt ein richtig gut funktionierendes Bussytem und man kann für wenig Geld bequem reisen.
Nach der kurzen Reise beginne ich dann mein zweites Praktikum in einem medizinischen Zentrum hier um die Ecke. Ich werde dort vier Wochen, bis Weihnachten arbeiten und bin schon sehr gespannt wie das wird. Im Kreißsaal arbeiten dort nur Hebammen und keine Ärzte.
Ihr verflucht inzwischen wahrscheinlich den Herbst und die Kälte, aber ich kann euch gar nicht beschreiben wie sehr es mir fehlt. Wenn ich im Internet die ganzen Herbstbilder anschaue und an neblige Morgen denke, dann wird mir das Herz echt schwer. Ganz zu schweigen von Plätzchen, Glühwein und Christstollen... hhm. Gibt´s hier alles nicht.
Ich bin mal gespannt wie Weihnachten hier wird. Naja, bestimmt urprünglicher also unsere Winterweihnacht. In Isreal ist es schließlich auch nicht so kalt!
Am Samstag war ich gleich auf zwei Trauerfeiern. Man darf sich das aber nicht so vorstellen, wie bei uns. Es gibt eine Beerdigung, die wohl im Allgemeinen so abläuft wie bei uns und dann gibt es eine Trauerfeier. Die ist gar nicht wie bei uns, sondern wie ein Straßenfest. Die Trauerfeiern kosten hier immer ein Vermögen. Es wird ein Zelt auf der Straße aufgebaut und es gibt Unmengen zu essen und zu trinken. Alle kommen, Nachbarn, Freunde und natürlich die Familie. Und die ist hier bekanntlich sehr groß. Die Familie des Verstorbenen bestimmt einige Tage vor der Feier einen Stoff und fast alle Gäste lassen sich dann aus diesem Stoff Kleider schneidern. Alle sind dann in den gleichen Stoff gehüllt und haben doch alle was anderes an.
Als Geschenk gibt man der Familie ein bisschen Geld. Ich bin mir aber sicher, dass damit nicht einmal ein Bruchteil des Betrages abgedeckt wird.
Jeder der kommt muss etwas essen und trinken. Da ich gar nicht wusste, dass eine Trauerfeier sein würde, habe ich kurz vorher noch zu Mittag gegessen. Nach der zweiten Feier und somit dem dritten Mittagessen war ich echt extrem satt. Ich konnte keinen Reis mehr sehen.
Es gibt dann oft auch eine Art Band, die aber im heutigen Fall den ganzen Tag den gleichen Rhythmus gespielt hat, wozu ein Mann irgendwelche Litaneien ins Mikrofon gesungen hat. Wenn die heute Abend keine Handgelenksschmerzen vom immer gleichen Trommelschlag haben, dann versteh ich die Welt nicht mehr. Viele Leute haben getanzt und im Allgemeinen erinnerte es, wie gesagt eher an eine große Party.
Naja, das Leben geht eben weiter und das soll ja auch gefeiert werden.
Da der Tod hier viel allgegenwärtier ist als bei uns, gehört er einfach zum Leben dazu. Bei uns wird man nur auf den wenigen Beerdigungen damit konfrontiert und die Verstorbenen sind meistens schon alt. Hier sterben auch sehr sehr viele Kinder und Jugendliche. Die Kleinen an echten Tropenkrankheiten oder Durchfall, die älteren meist in Verkehrsunfällen. Vor Kurzem habe ich gehört, dass das zu den schlimmsten Tropenkrankheiten zählt und bei den zunehmenden Verkehrsaufkommen auch auf dem Vormarsch ist.
Ich bin mir sicher, dass eine Helmpflicht hier jedes Jahr hunderte von Menschenleben retten könnte. Aber das hat die Regierung schon versucht und ist wohl kläglich gescheitert. Eine Strafe bringt eben nichts, wenn man den Polizisten mit der Hälfte schmieren kann.
So wenig wie die Leute hier verdienen und bei der großen Anzahl hungernder Menschen kann man es den Polizisten kaum noch verübeln.
Es hat schon seit Wochen nicht geregnet und es wird wohl auch noch bis Mai dauern, bis der Regen wieder kommt. Durch die Trockenheit gibt es jetzt unglaublich viel Staub. Abends, wenn ich heimkomme denke ich immer ich hätte an dem Tag ganz viel Farbe bekommen, bis die Dusche mich vom Gegenteil überzeugt.
Es gibt aber zum Glück die öffentlich Putzkolonne. Unzählige Frauen ziehen jeden Morgen durch dir Stadt und fegen alle Straßen und Gehwege. Das führt dazu, dass jeden Morgen aller Müll, der so den Tag über liegen bleibt wegkommt und außerdem, dass die Teerstraßen ein bißchen weniger stauben.
Ouaga ist sowieso recht sauber.
So mit dieser schönen Nachricht will ich enden und sende euch allen ganz liebe Grüße.
Seid umarmt...
Vorletzte Woche rief mich mein Prof aus Deutschland an, ob ich nicht zum Mogho Naaba gehen könnte. Von ihm haben wir das Grundstück für unsere Klinik geschenkt bekommen und er sollte den Termin für die Grundsteinlegung festlegen.
Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr wisst, wer das überhaupt ist...
Die vorherrschende Ethnie in Burkina Faso sind die Mossi. 50% der Bevölkerung gehören ihnen an und das Hauptsiedlungsgebiert ist in der Region um Ouagadougou. Die Mossi sind ein Kriegervolk, das im 11. Jahrhundert von Osten her in das heutige Gebiet eingedrungen sind. Ursprünglich gab es mehrere Staaten, die sich bis zur Kolonialzeit erhalten haben. Der Mogho Naaba ist auch heute noch ihr Herrscher und König, auch wenn seine Aufgaben heutzutage hauptsächlich repräsentativ sind. Er hat keinen Einfluss auf die Politik. Dafür umso mehr auf die Menschen.
Er lebt in einem recht schlichten Palast hier in Ouaga. Hinter dem Palastgebäude stehen mehrere Hütten, wo seine 40 bis 60 Frauen leben. Es gibt wohl sogar Eunuchen, die den Harem bewachen. Zu Gesicht bekommt man die Frauen nicht. Sie leben unter sehr archaischen Bedingungen ohne Strom und fließend Wasser. Viele von euch fragen sich jetzt wahrscheinlich, wie man in der heutigen Zeit überhaupt so viele Frauen dazu bringen konnte so zu leben. Naja, ihre tägliche Versorgung ist ihnen sicher und sie müssen sich über die Zukunft ihrer Kinder nicht sorgen. Damit haben sie schon vieles, was sich die meisten hier wünschen.
Die Struktur des Hofes fand ich sehr interessant. Die Söhne wachsen nicht am Hof, sondern in Pflegefamilien auf. Sie wissen auch nicht, dass sie die Kinder das Mogho Naaba sind, sondern gehen ganz normal zur Schule und wachsen mit Normalsterblichen auf.
Wenn dann der alte Mogho Naaba stirbt, ruft man die Söhne zusammen, welche sich verschiedenen Prüfungen unterziehen müssen. Der Sohn, der vom Rat als der beste ausgewählt wird, wird der nächste Mogho Naaba. Der zurzeit regierende Mogho war schon Mitte 30 als er zum König ernannt wurde und es war für ihn wohl keine leichte Zeit. Er musste sein ganzes vorheriges Leben aufgeben. Eine Wahl hatte er nicht.
Auf jeden Fall schickte mich mein Prof in den Palast. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass ich längere Zeit ausharren muss, bis ich eine Audienz bekäme, aber dem war nicht so.
Vom Palastwächter wurde ich in den Thronsaal geführt und es kam sofort ein kleiner Junge, der mir Wasser gebacht hat.
Es saßen ziemlich viele Männer einfach so da rum und mir ist deren Bedeutung bis heute nicht klar. Um den Thron rum saßen vier Jungs, die so zwischen 10 und 17 waren. Sie haben auf einmal angefangen zu schnipsen und dann sind alle aufgestanden, weil der König eingetreten ist.
Er ist ungefähr einen Kopf kleiner als ich und hat immer ein ganz verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Wie ich später rausgefunden habe, ist er Mitte 50.
Er hat mich freudig gegrüßt und sich dann über einen Bediensteten sagen lassen, was mein Anliegen sei. Wenn viele Leute im Raum sind, spricht er nie jemanden direkt an.
Er meinte dann er würde es sich mit dem Termin überlegen und es mich über einen Bediensteten wissen lassen.
Gut dachte ich, das wäre erledigt. Ich hatte absolut nicht damit gerechnet, was dann kam.
Abends als ich im Krankenhaus war, kam ein Anruf von einer unbekannten Nummer. Ich habe abgenommen und dann war es doch tatsächlich der Mogho Naaba selbst. Er hat mich gefragt, ob ich am nächsten Tag, so gegen 11 Uhr nochmal kommen könne.
Ganz davon abgesehen, dass man da sowieso nicht nein sagen kann, habe ich natürlich zugesagt.
Ich war am nächsten Vormittag mit einer Freundin verabredet, die das ganz toll fand. Da wir sowieso zusammen unterwegs waren, ist sie mitgefahren.
Ich hatte eigentlich gedacht er würde mir eben den Termin sagen. Weit gefehlt. Er wollte mich nur für den nächsten Abend zu einer Soirée einladen.
Es stellte sich dann als ein Ehemaligentreffen mit all seinen alten Freunden aus dem College heraus. Außer den Ehemaligen waren es nur Silvie und ich.
Im Thronsaal waren zwei lange Tafeln aufgebaut und am Saalende ein kleiner Tisch, an dem er essen würde. Er hat mich eingeladen neben ihm zu sitzen. Diese Ehre hatte ich echt nicht erwartet. Wir haben dann nett geplaudert und nebenbei den Termin abgemacht. Das Essen war vorzüglich. Es gab sogar Champagner.
Der Mogho Naaba selbst hat vor kurzem ein Gedichtband herausgebracht und man konnte es an diesem Abend kaufen. Ich hatte nicht genug Geld dabei und hatte im ersten Moment auch gar nicht das Interesse es einen Band zu kaufen. Als er mir dann aber eine handsignierte Ausgabe geschenkt hat, habe ich mich wirklich sehr gefreut. Zum Abschluss sind wir noch in sein kleines Museum gegangen.
Er war vor seiner Krönung begeisterter Fußballer und Sportler. Seit seiner Ernennung darf er das nicht mehr machen und jetzt hat er sich eben ein Fußballmuseum eingerichtet.
Inzwischen sind noch einige Wochen vergangen und ich war schon fünfmal dort. Er ist immer hocherfreut und begrüßt mich ganz überschwänglich. Der Hofphotograf hat jedesmal ganz viele Photos gemacht, die er mir abgezogen und geschenkt hat.
Die Grundsteinlegung verlief dann aber leider ganz anders als geplant.
Als ich im August kam hat mir niemand gesagt was genau ich machen musste und ich dachte immer wir hätten schon eine Baugenehmigung. Naja, zwei Tage vor der Grundsteinlegung wurde klar, dass die Akte, wegen welcher ich ständig auf das Ministerium gelaufen bin, eben nicht für die Baugenehmigung war, sondern nur für die Anerkennung als NGO.
Ich bin dabei die Formulare auszufüllen, alle Kopien zusammenzusuchen etc.
Bis zum Baubeginn kann es sich also nur noch um Monate handeln.
Mein Praktikum im Krankenhaus ist auch vorbei. Am Mittwochmorgen war ich mit Karin nochmal dort. Wir haben zwei Kuchen gebacken und uns von allen verabschiedet. Der Kuchen kam echt gut an. Das ist hier etwas sehr Ungewöhnliches.
Nächste Woche will ich mit Karin nach Mali fahren. Sie wird dann danach nach Bamako weiterreisen. Von dort gibt es eine Zugverbindung nach Dakar. Der Zug fährt insgesamt 42 Stunden. Ich bin mal gespannt, was sie dann alles erzählt. Sie fliegt dann von dort in die Schweiz zurück. Es ist wirklich schade, dass sie schon abreisen muss. Wir haben hier eine tolle Zeit miteinander verbacht.
Ich fahre gar nicht erst mit nach Bamako, sondern fahre vom Nigerbinnendelta, welches wir anschauen möchten direkt zurück nach Ouaga. Es gibt ein richtig gut funktionierendes Bussytem und man kann für wenig Geld bequem reisen.
Nach der kurzen Reise beginne ich dann mein zweites Praktikum in einem medizinischen Zentrum hier um die Ecke. Ich werde dort vier Wochen, bis Weihnachten arbeiten und bin schon sehr gespannt wie das wird. Im Kreißsaal arbeiten dort nur Hebammen und keine Ärzte.
Ihr verflucht inzwischen wahrscheinlich den Herbst und die Kälte, aber ich kann euch gar nicht beschreiben wie sehr es mir fehlt. Wenn ich im Internet die ganzen Herbstbilder anschaue und an neblige Morgen denke, dann wird mir das Herz echt schwer. Ganz zu schweigen von Plätzchen, Glühwein und Christstollen... hhm. Gibt´s hier alles nicht.
Ich bin mal gespannt wie Weihnachten hier wird. Naja, bestimmt urprünglicher also unsere Winterweihnacht. In Isreal ist es schließlich auch nicht so kalt!
Am Samstag war ich gleich auf zwei Trauerfeiern. Man darf sich das aber nicht so vorstellen, wie bei uns. Es gibt eine Beerdigung, die wohl im Allgemeinen so abläuft wie bei uns und dann gibt es eine Trauerfeier. Die ist gar nicht wie bei uns, sondern wie ein Straßenfest. Die Trauerfeiern kosten hier immer ein Vermögen. Es wird ein Zelt auf der Straße aufgebaut und es gibt Unmengen zu essen und zu trinken. Alle kommen, Nachbarn, Freunde und natürlich die Familie. Und die ist hier bekanntlich sehr groß. Die Familie des Verstorbenen bestimmt einige Tage vor der Feier einen Stoff und fast alle Gäste lassen sich dann aus diesem Stoff Kleider schneidern. Alle sind dann in den gleichen Stoff gehüllt und haben doch alle was anderes an.
Als Geschenk gibt man der Familie ein bisschen Geld. Ich bin mir aber sicher, dass damit nicht einmal ein Bruchteil des Betrages abgedeckt wird.
Jeder der kommt muss etwas essen und trinken. Da ich gar nicht wusste, dass eine Trauerfeier sein würde, habe ich kurz vorher noch zu Mittag gegessen. Nach der zweiten Feier und somit dem dritten Mittagessen war ich echt extrem satt. Ich konnte keinen Reis mehr sehen.
Es gibt dann oft auch eine Art Band, die aber im heutigen Fall den ganzen Tag den gleichen Rhythmus gespielt hat, wozu ein Mann irgendwelche Litaneien ins Mikrofon gesungen hat. Wenn die heute Abend keine Handgelenksschmerzen vom immer gleichen Trommelschlag haben, dann versteh ich die Welt nicht mehr. Viele Leute haben getanzt und im Allgemeinen erinnerte es, wie gesagt eher an eine große Party.
Naja, das Leben geht eben weiter und das soll ja auch gefeiert werden.
Da der Tod hier viel allgegenwärtier ist als bei uns, gehört er einfach zum Leben dazu. Bei uns wird man nur auf den wenigen Beerdigungen damit konfrontiert und die Verstorbenen sind meistens schon alt. Hier sterben auch sehr sehr viele Kinder und Jugendliche. Die Kleinen an echten Tropenkrankheiten oder Durchfall, die älteren meist in Verkehrsunfällen. Vor Kurzem habe ich gehört, dass das zu den schlimmsten Tropenkrankheiten zählt und bei den zunehmenden Verkehrsaufkommen auch auf dem Vormarsch ist.
Ich bin mir sicher, dass eine Helmpflicht hier jedes Jahr hunderte von Menschenleben retten könnte. Aber das hat die Regierung schon versucht und ist wohl kläglich gescheitert. Eine Strafe bringt eben nichts, wenn man den Polizisten mit der Hälfte schmieren kann.
So wenig wie die Leute hier verdienen und bei der großen Anzahl hungernder Menschen kann man es den Polizisten kaum noch verübeln.
Es hat schon seit Wochen nicht geregnet und es wird wohl auch noch bis Mai dauern, bis der Regen wieder kommt. Durch die Trockenheit gibt es jetzt unglaublich viel Staub. Abends, wenn ich heimkomme denke ich immer ich hätte an dem Tag ganz viel Farbe bekommen, bis die Dusche mich vom Gegenteil überzeugt.
Es gibt aber zum Glück die öffentlich Putzkolonne. Unzählige Frauen ziehen jeden Morgen durch dir Stadt und fegen alle Straßen und Gehwege. Das führt dazu, dass jeden Morgen aller Müll, der so den Tag über liegen bleibt wegkommt und außerdem, dass die Teerstraßen ein bißchen weniger stauben.
Ouaga ist sowieso recht sauber.
So mit dieser schönen Nachricht will ich enden und sende euch allen ganz liebe Grüße.
Seid umarmt...
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Montag, 27. September 2010
Babys im Stundentakt
priskamaria, 13:20h
Jetzt wurde es aber echt mal wieder Zeit euch ein wenig zu erzählen, was hier so läuft.
Das Wetter ist extrem viel besser geworden. Es hat sogar schon seit über einer Woche nicht geregnet und man merkt es den Pflanzen teilweise schon an.
Vergangene Woche hatte ich meine erste Nachtschicht im Krankenhaus. In den 24 Stunden gab es doch echt 24 Geburten. So viele habe ich in vier Woche Famulatur in Deutschland nicht gesehen. Darunter waren drei Zwillingsgeburten. Es war eine anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Nacht. Es waren fünf Entbindungen in Beckenendlage dabei. Das habe ich inzwischen so oft gesehen und mental selbst entbunden, dass ich mir fast zutrauen würde es selbst zu machen. In der Nacht habe ich auch meinen ersten Dammschnitt gemacht. Die Frau war stark beschnitten und es war unmöglich einen Kindskopf durch die Öffnung zu bringen. Sie war sehr tapfer mit ihren 18 Jahren. Die Schere war ziemlich stumpf und es ging nicht leicht, aber man hatte keine andere Wahl. Das Kind hatte dann auch noch die Nabelschnur um den Hals, was die Entbindung noch schwieriger gemacht hat.
Leider war auch eine Totgeburt dabei: Die Frau, oder eher das Mädchen kam aus einem Dorf ziemlich weit entfernt. Der Fetus war schon ein paar Tage tot und die Haut hat sich schon abgelöst. Das war ein ziemlich gruseliger Anblick. Es war dazu noch eine Steißgeburt. Zum Glück war die Frau erst ungefähr im siebten Monat, da war der Fetus noch nicht ganz so groß.
Nachts ist der Kreißsaal auch gleichzeitig gynäkologische Ambulanz.
Es kam eine Frau, die im sechsten Monat schwanger war und nach einem Schlangenbiss angefangen hat vaginal zu bluten. Oh je, das war das reinste Blutbad. Sie tat mir so Leid. Die Angehörigen konnten die Behandlung beim besten Willen nicht bezahlen. Es hätte mehr als hundert Euro gekostet. Das ist nicht nur ein Vermögen, das sind gleich mehrere. Irgendwann wurde die Blutung weniger. Am nächsten Tag habe ich sie mittags in der kleinen Überwachungsstation neben dem Kreißsaal gesehen. Schlangenbisse sind immer sehr riskant, weil das Blut dann nicht mehr koaguliert. Nicht einmal das Blut am Boden ist geronnen; auch nach Stunden nicht.
Die Mitarbeiter sind bis auf wenige Ausnahmen unglaublich nett und ich freue mich inzwischen morgens schon arbeiten zu gehen und die anderen zu sehen. Am Anfang überwog auf jeden Fall das schockiert sein. Aber man kann alles lernen und sich an alles gewöhnen.
Mit der Doktorarbeit geht´s auch voran. Nachdem ich zwei Wochen damit zugebracht habe in den Bezirkskrankenhäusern anzufragen, haben wir uns am Schluss doch entschieden nur im CHU zu sammeln. Es gab einfach zu viele Probleme.
Für mich ist es so viel leichter, weil ich nicht ständig überall hinfahren muss. Ich arbeite eben vormittags im Krankenhaus und suche die Fälle vom Nachmittag und in der Nacht im Nachhinein auf. Durch das Geburtenregister weiß ich ja immer, wie viele Geburten es gab.
Letzte Woche waren einmal ao viele Frauen da, die am entbinden waren, dass gar nicht genug Hebammen da waren. Als ich nach der einen Frau geschaut habe, war auf einmal schon der Kopf da. Die har noch nicht einmal gechrien. Echt tapfer.
Freizeittechnisch wird mein Leben jetzt während der Datensammlung ein bisschen einfacher werden, weil ich am Wochenende morgens mittags und abends zum Schichtwechsel muss um die Hebammen nach verletzungen zu fragen. Da kann man dann natürlich keine grpoßen Unternehmungen machen.
Letzte Woche Samstag war ich mit ein paar Kollegen schwimmen. Es gitb hier einige Hotels in denen man für wenig Geld einen Nachmittag schwimmen kann.
Sonntags waren wir dann in Laongo. Es ist ein Dorf wenige Kilometer von Ouaga entfernt. Alle zwei Jahre treffen sich dort Künstler aus aller Welt um Steinmetzarbeiten anzufertigen. Auf einer recht großen Grünflache unter Bäumen liegen viele Granitbrocken und –blöce rum. Jeder Künstler kann sich dann einfach einen Block aussuchen und ihn berarbeiten. Es waren ganz tolle Sachen dabei. Wir haben einen Führer gezahlt uns rumzuführen und das hat sich sehr gelohnt. Er konnte uns zu jedem Werk die Erklärung schildern.
Auf dem Rückweg hatte ich einen Platten im Hinterreifen. Wir habe die Schläuche wechseln lassen und der Mechaniker hat den Mantel danach ungleich eingesetzt. Ich hatte ih am Vortag erst gekauft und jetzt hat er schon ein paar Macken. Der Reifen und der Schlauch haben kein Problem, aber dank dem Mantel läuft es nicht mehr ganz so rund. Nächste Woche muss ich das unbedingt reparieren lassen. Aberichhabe mir versichern lassen, dass es nichts macht so zu fahren.
Letzte Woche wurde ich abends von der Polizei angehalten. Ich war absolut unwissend über eine rote Ampel gefahren. Hier sind in jedem Kreisverkehr Ampeln, was ich für ziemlich unlogisch halte. Leider hab ich die eine übersehen. Der Polizist meinte, dass sie in so einem Fall eigentlich gleich das Moped beschlagnahmen, aber er sehe ja, dass ich beschäftigt sei und es gerade brauche. Ich frage mich, wer nach unbeschäftigt aussieht, wenn er an einem Samstag Nachmittag durch die Stadt fährt. Erst im Nachhinein habe ich begriffen, dass das eine versteckte Einladung für Schmiergeld war. Er ht mir dann erzählt wie umständlich es sei, die Strafe zu bezahlen. Ich habe dann mit meinem europäischen Denken gesagt, dass ich es ja jetzt nicht mehr rückgängig machen könne, da ich ja schon über die Ampel gefahren sei. Und so müsse ich es eben bezahlen. Ich habe mehrfach beteurt, dass ich es wirklich nicht gesehen hatte. Naja, ich muss, da ich auch absolut ehrlich war ziemlich überzeugend gewesen sein und hab wohl nett gelächelt. Nach 10 Minuten sagte er einfach, ich solle es morgen eben nicht mehr machen. Ich fahre wirklich über gar keine rote Ampel, selbst wenn es alle anderen machen. Hier sind ja nicht so viele Weiße. Die würden sich sofort an mich erinnern.
Aimé hat mir abends erklärt, dass man eigentlich 2000 CFA in die Fahrzeugpapiere legt. Ha, da hatte ich in meiner Unschuld gar nicht drangedacht. Ich denke mal, dass ich in einem anderen Land nicht so leicht davon gekommen wäre. Wobei wir mal wieder bei den ordentlich Preußen wären.
Heute war ich mit Silvie, einer Freundin in einem Stoffladen. Die traditionellen festlichen Stoffe hier in Burkina Faso sind nicht bedruckt, sondern gewoben. Die Frau hat wirkliche herrliche Stoffe hergestellt. Sie macht alles selbst, selbst das Färben. Sie hat uns alles gezeigt. Sie arbeitet mit einer Amerikanerin zusammen, die ihre Sachen teilweise in den USA vertreibt. Sie stellt auch Tischsets und Servietten her. Ich werde mit Sicherheit nochmal hingehen und was kaufen.
Aimés Bruder ist Schneider. Ich war schon ein paarmal bei ihm in der Werkstatt, weil ich kleine Reparaturen an Kleidern vorzunehmen hatte.
Wir haben uns unterhalten und ich habe ihm erzählt, dass ich auch nähe, aber eben nicht wisse, wie man einen Schnitt herstelle. Er hat mir angeboten, es mir zu zeigen. Jetzt gehe ich nächste Woche mit meinem Stoff und meiner Idee hin, und er zeigt mir dann, wie man das umsetzt. Ha, ich freue mich schon so. Das wollte ich schon seit Ewigkeiten mal gezeigt bekommen. In Deutschland sind die Kurse total teuer und meistens bekommt man erstmal gezeigt, wie man näht. Das brauch ich ja aber nicht.
Bis Januar kann er mir bestimmt Einiges zeigen.
So meine Lieben. Es ist spät und morgen früh wollen wieder Babys entbunden werden. Ich wünsche euch schöne Spätsommertage, deren Geruch ich unheimlich vermisse.
Denkt beim nächsten Stück Apfel- oder Zwetschgenkuchen an mich. Ich denke an euch.
Seid umarmt
Auf bald
Das Wetter ist extrem viel besser geworden. Es hat sogar schon seit über einer Woche nicht geregnet und man merkt es den Pflanzen teilweise schon an.
Vergangene Woche hatte ich meine erste Nachtschicht im Krankenhaus. In den 24 Stunden gab es doch echt 24 Geburten. So viele habe ich in vier Woche Famulatur in Deutschland nicht gesehen. Darunter waren drei Zwillingsgeburten. Es war eine anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Nacht. Es waren fünf Entbindungen in Beckenendlage dabei. Das habe ich inzwischen so oft gesehen und mental selbst entbunden, dass ich mir fast zutrauen würde es selbst zu machen. In der Nacht habe ich auch meinen ersten Dammschnitt gemacht. Die Frau war stark beschnitten und es war unmöglich einen Kindskopf durch die Öffnung zu bringen. Sie war sehr tapfer mit ihren 18 Jahren. Die Schere war ziemlich stumpf und es ging nicht leicht, aber man hatte keine andere Wahl. Das Kind hatte dann auch noch die Nabelschnur um den Hals, was die Entbindung noch schwieriger gemacht hat.
Leider war auch eine Totgeburt dabei: Die Frau, oder eher das Mädchen kam aus einem Dorf ziemlich weit entfernt. Der Fetus war schon ein paar Tage tot und die Haut hat sich schon abgelöst. Das war ein ziemlich gruseliger Anblick. Es war dazu noch eine Steißgeburt. Zum Glück war die Frau erst ungefähr im siebten Monat, da war der Fetus noch nicht ganz so groß.
Nachts ist der Kreißsaal auch gleichzeitig gynäkologische Ambulanz.
Es kam eine Frau, die im sechsten Monat schwanger war und nach einem Schlangenbiss angefangen hat vaginal zu bluten. Oh je, das war das reinste Blutbad. Sie tat mir so Leid. Die Angehörigen konnten die Behandlung beim besten Willen nicht bezahlen. Es hätte mehr als hundert Euro gekostet. Das ist nicht nur ein Vermögen, das sind gleich mehrere. Irgendwann wurde die Blutung weniger. Am nächsten Tag habe ich sie mittags in der kleinen Überwachungsstation neben dem Kreißsaal gesehen. Schlangenbisse sind immer sehr riskant, weil das Blut dann nicht mehr koaguliert. Nicht einmal das Blut am Boden ist geronnen; auch nach Stunden nicht.
Die Mitarbeiter sind bis auf wenige Ausnahmen unglaublich nett und ich freue mich inzwischen morgens schon arbeiten zu gehen und die anderen zu sehen. Am Anfang überwog auf jeden Fall das schockiert sein. Aber man kann alles lernen und sich an alles gewöhnen.
Mit der Doktorarbeit geht´s auch voran. Nachdem ich zwei Wochen damit zugebracht habe in den Bezirkskrankenhäusern anzufragen, haben wir uns am Schluss doch entschieden nur im CHU zu sammeln. Es gab einfach zu viele Probleme.
Für mich ist es so viel leichter, weil ich nicht ständig überall hinfahren muss. Ich arbeite eben vormittags im Krankenhaus und suche die Fälle vom Nachmittag und in der Nacht im Nachhinein auf. Durch das Geburtenregister weiß ich ja immer, wie viele Geburten es gab.
Letzte Woche waren einmal ao viele Frauen da, die am entbinden waren, dass gar nicht genug Hebammen da waren. Als ich nach der einen Frau geschaut habe, war auf einmal schon der Kopf da. Die har noch nicht einmal gechrien. Echt tapfer.
Freizeittechnisch wird mein Leben jetzt während der Datensammlung ein bisschen einfacher werden, weil ich am Wochenende morgens mittags und abends zum Schichtwechsel muss um die Hebammen nach verletzungen zu fragen. Da kann man dann natürlich keine grpoßen Unternehmungen machen.
Letzte Woche Samstag war ich mit ein paar Kollegen schwimmen. Es gitb hier einige Hotels in denen man für wenig Geld einen Nachmittag schwimmen kann.
Sonntags waren wir dann in Laongo. Es ist ein Dorf wenige Kilometer von Ouaga entfernt. Alle zwei Jahre treffen sich dort Künstler aus aller Welt um Steinmetzarbeiten anzufertigen. Auf einer recht großen Grünflache unter Bäumen liegen viele Granitbrocken und –blöce rum. Jeder Künstler kann sich dann einfach einen Block aussuchen und ihn berarbeiten. Es waren ganz tolle Sachen dabei. Wir haben einen Führer gezahlt uns rumzuführen und das hat sich sehr gelohnt. Er konnte uns zu jedem Werk die Erklärung schildern.
Auf dem Rückweg hatte ich einen Platten im Hinterreifen. Wir habe die Schläuche wechseln lassen und der Mechaniker hat den Mantel danach ungleich eingesetzt. Ich hatte ih am Vortag erst gekauft und jetzt hat er schon ein paar Macken. Der Reifen und der Schlauch haben kein Problem, aber dank dem Mantel läuft es nicht mehr ganz so rund. Nächste Woche muss ich das unbedingt reparieren lassen. Aberichhabe mir versichern lassen, dass es nichts macht so zu fahren.
Letzte Woche wurde ich abends von der Polizei angehalten. Ich war absolut unwissend über eine rote Ampel gefahren. Hier sind in jedem Kreisverkehr Ampeln, was ich für ziemlich unlogisch halte. Leider hab ich die eine übersehen. Der Polizist meinte, dass sie in so einem Fall eigentlich gleich das Moped beschlagnahmen, aber er sehe ja, dass ich beschäftigt sei und es gerade brauche. Ich frage mich, wer nach unbeschäftigt aussieht, wenn er an einem Samstag Nachmittag durch die Stadt fährt. Erst im Nachhinein habe ich begriffen, dass das eine versteckte Einladung für Schmiergeld war. Er ht mir dann erzählt wie umständlich es sei, die Strafe zu bezahlen. Ich habe dann mit meinem europäischen Denken gesagt, dass ich es ja jetzt nicht mehr rückgängig machen könne, da ich ja schon über die Ampel gefahren sei. Und so müsse ich es eben bezahlen. Ich habe mehrfach beteurt, dass ich es wirklich nicht gesehen hatte. Naja, ich muss, da ich auch absolut ehrlich war ziemlich überzeugend gewesen sein und hab wohl nett gelächelt. Nach 10 Minuten sagte er einfach, ich solle es morgen eben nicht mehr machen. Ich fahre wirklich über gar keine rote Ampel, selbst wenn es alle anderen machen. Hier sind ja nicht so viele Weiße. Die würden sich sofort an mich erinnern.
Aimé hat mir abends erklärt, dass man eigentlich 2000 CFA in die Fahrzeugpapiere legt. Ha, da hatte ich in meiner Unschuld gar nicht drangedacht. Ich denke mal, dass ich in einem anderen Land nicht so leicht davon gekommen wäre. Wobei wir mal wieder bei den ordentlich Preußen wären.
Heute war ich mit Silvie, einer Freundin in einem Stoffladen. Die traditionellen festlichen Stoffe hier in Burkina Faso sind nicht bedruckt, sondern gewoben. Die Frau hat wirkliche herrliche Stoffe hergestellt. Sie macht alles selbst, selbst das Färben. Sie hat uns alles gezeigt. Sie arbeitet mit einer Amerikanerin zusammen, die ihre Sachen teilweise in den USA vertreibt. Sie stellt auch Tischsets und Servietten her. Ich werde mit Sicherheit nochmal hingehen und was kaufen.
Aimés Bruder ist Schneider. Ich war schon ein paarmal bei ihm in der Werkstatt, weil ich kleine Reparaturen an Kleidern vorzunehmen hatte.
Wir haben uns unterhalten und ich habe ihm erzählt, dass ich auch nähe, aber eben nicht wisse, wie man einen Schnitt herstelle. Er hat mir angeboten, es mir zu zeigen. Jetzt gehe ich nächste Woche mit meinem Stoff und meiner Idee hin, und er zeigt mir dann, wie man das umsetzt. Ha, ich freue mich schon so. Das wollte ich schon seit Ewigkeiten mal gezeigt bekommen. In Deutschland sind die Kurse total teuer und meistens bekommt man erstmal gezeigt, wie man näht. Das brauch ich ja aber nicht.
Bis Januar kann er mir bestimmt Einiges zeigen.
So meine Lieben. Es ist spät und morgen früh wollen wieder Babys entbunden werden. Ich wünsche euch schöne Spätsommertage, deren Geruch ich unheimlich vermisse.
Denkt beim nächsten Stück Apfel- oder Zwetschgenkuchen an mich. Ich denke an euch.
Seid umarmt
Auf bald
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